Finanzierung in politisch unsicheren Zeiten: KMU aufgrund fehlender Unterstützung der Großbanken noch stärker unter Druck
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Finanzierung in politisch unsicheren Zeiten: KMU aufgrund fehlender Unterstützung der Großbanken noch stärker unter Druck
Inhalt
- 95 Prozent der Finanzierungsexpert*innen finden, dass Großbanken ihre Finanzierungsbereitschaft gegenüber KMU zurückfahren.
- Etwa die Hälfte (45 Prozent) bewertet die Unterstützung von Großbanken als negativ.
- Drei Viertel (76 Prozent) erwarten eine steigende Finanzierungsnachfrage im nächsten halben Jahr.
- 63 Prozent sind der Meinung, dass fehlende Finanzierungen die Überbrückung von kurzfristigen Finanzbedarfen und Cashflow-Engpässen erschweren und Unternehmensinsolvenzen beschleunigen.
Der iwoca KMU-Index ist eine Umfrage unter Finanzierungsexpert*innen und fungiert als Stimme des deutschen Kreditmarktes für kleine und mittelständische Unternehmen. Die aktuelle Stimmungslage? Der Druck auf KMU in Deutschland steigt: Unzureichende Unterstützung von Großbanken und das bei einem erwarteten Anstieg der Finanzierungsnachfrage in den nächsten sechs Monaten. Die Frage „Wenn in diesem Jahr Bundestagswahlen wären, welche drei Maßnahmen sollten politisch sofort für KMU umgesetzt werden?“ beantworteten 73 Prozent mit weniger Bürokratie und 68 Prozent mit der Schaffung eines besseren Zugangs zu Finanzmitteln – nach dem kürzlichen Ampel-Aus nun relevanter denn je.
Großbanken unterstützen KMU-Finanzierungen wenig – neue Negativrekorde
Insgesamt 95 Prozent der Befragten gaben an, dass Großbanken ihre Bereitschaft zur Finanzierung von KMU reduzieren. Das ist der höchste Wert seit Erhebung des KMU-Indexes. Außerdem bewerteten 45 Prozent der Finanzierungsexpert*innen die Unterstützung der Finanzinstitute gegenüber KMU als negativ. Ein Viertel der Kreditexpert*innen meint, dass erhöhte Betriebskosten und der fehlende Zugang zu Finanzmitteln Kleinunternehmer*innen am meisten Sorgen bereiten. So sagen 59 Prozent der Befragten, dass im Vergleich zum Vormonat mehr Finanzierungsanträge ihrer Kund*innen abgelehnt wurden. Die Hauptgründe: Ein Fünftel der Befragten nennt als häufigsten Ablehnungsgrund eine schwache Kapitaldienstfähigkeit, gefolgt vom Verhältnis von Schulden zu Einkommen (13 Prozent).
Lena Hacker, Firmenkundenberaterin bei FinCompare, erläutert: „Der Kreditmarkt für KMU ist nach wie vor schwierig, da die Banken noch immer deutlich streng sind, was die Kreditvergabe betrifft. Ich merke allerdings so langsam wieder die ersten positiven Signale von einzelnen Finanzierern. Nach wie vor sind alternative Finanzierungspartner unabdingbar für den KMU-Markt.“
Prognose: Nachfrage nach KMU-Finanzierungen steigt
Drei Viertel der Befragten (77 Prozent) erwarten eine steigende Nachfrage der Finanzierungen für KMU im nächsten halben Jahr. Dabei gehen fast zwei Drittel (63 Prozent) davon aus, dass fehlende Finanzierungen das Überbrücken von kurzfristigen Finanzbedarfen und Cashflow-Engpässen erschweren und so Unternehmensinsolvenzen beschleunigen könnten.
„Der KMU-Kreditmarkt steht weiterhin unter Druck durch hohe Zinsen und strengere Risikobewertungen, was die Kreditvergabe erschwert. Viele Unternehmen zögern aufgrund gestiegener Finanzierungskosten und geringerer Nachfrage mit Investitionen, während Banken weiterhin vorsichtiger agieren“, erklärt Thomas Stanner, Chief Product Officer bei der DFKP GmbH. „Die jüngste Abschwächung der Inflation mit Zinssenkungen könnte den Druck auf die Finanzierungskosten kurzfristig verringern. Der Trend zeigt, dass sich die konjunkturelle Lage stabilisieren könnte, was die Aussichten auf Finanzierung und Wachstum verbessert.“
Höchste Finanzierungsnachfrage im Baugewerbe
Die im dritten Quartal am häufigsten von KMU beantragte ungesicherte Kreditsumme lag zwischen 50.001 und 100.000 Euro (38 Prozent). Wie auch im zweiten Quartal hat das von sehr schwierigen Zeiten geprägte Baugewerbe mit 41 Prozent die Branche die größten Finanzierungsnachfrage, dicht gefolgt vom Verarbeitenden Gewerbe (39 Prozent) sowie dem Einzelhandel mit 35 Prozent. Vor allem werden die Mittel zur Wachstumsfinanzierung (32 Prozent) sowie für das Liquiditätsmanagement (23 Prozent) verwendet.
Vom Finanzierungsstau zum Investitionsstau
Das zeigt sich auch im Verwendungszweck der Finanzierungen: Der dritthäufigste Grund zur Kreditaufnahme und fast jede zweite Finanzierungsanfrage (18 Prozent) diente dem Kauf von Lagerbeständen. Sicherlich auch getrieben von der bevorstehenden Hochsaison im Einzel- und Onlinehandel rund um die Shopping-Tage und die Weihnachtszeit. Im Vorjahr fanden solche Lagerkäufe bereits im zweiten Quartal 2022 (17 Prozent) und weniger im dritten Quartal 2022 (7 Prozent) statt.
Fabian Platzen, General Manager von iwoca Deutschland, fasst zusammen: „Unsicherheit führt zu Zurückhaltung – in Zeiten, in denen die politische und wirtschaftliche Unsicherheit groß ist, sollte der Zugang zu Liqudität für Unternehmer*innen möglichst einfach sein. Insgesamt beobachten wir aber leider, dass der Finanzierungszugang für kleine Unternehmen immer schwieriger wird. Dabei entsteht eine Negativspirale aufgrund eines Investitionsrückstaus. Es fehlen zum Teil Investitionen, um die Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten.“ Daher verwundert es kaum, dass die Kreditexpert*innen inzwischen 39 Prozent mehr als die Hälfte ihrer Finanzierungsanfragen an alternative Kreditgeber stellen.
Methodik
Der iwoca KMU-Index wird vierteljährlich erhoben und basiert auf einer Online-Befragung von Kreditexpert*innen in Deutschland, darunter Banken, Makler*innen und Plattformen. Die Befragung wurde vom 17.10. bis 07.11.2024 vom Fintech-Unternehmen iwoca durchgeführt und umfasste 56 Expert*innen, die in den vergangenen vier Wochen 1.729 Anträge auf unbesicherte Finanzierungen im Namen ihrer KMU-Kundschaft gestellt haben. Die Ergebnisse bieten einen regelmäßigen Einblick in die Motive der Kleinunternehmer*innen für Kreditaufnahmen und wie sich diese Muster in verschiedenen wirtschaftlichen Trends entwickeln. iwoca veröffentlicht den KMU-Index, um die Erfahrungen von Finanzexpert*innen, die mit kleinen Unternehmen zusammenarbeiten, zu erfassen.